Kirchengeschichte

Geschichte des Dorfes

Der Ortsname Pilgramsreuth deutet auf eine Rodung durch einen Pilger hin: „Zur Reuthe eines Pilgram“. Dieser könnte der erste Lehensherr gewesen sein. Der Zeitpunkt der Ansiedlung ist urkundlich nicht nachweisbar, läßt sich aber spätestens in die Zeit der Kreuzzüge (11. bis 13. Jahrhundert) einreihen, als viele fromme Pilger auf ihrer Heimreise aus dem Heiligen Land, meist verarmt und mittellos, unterwegs ansässig wurden und sich eine Kapelle bauten. Davon spricht folgende Legende: Drei Pilger hätten in gefahrvoller Bedrängnis auf Wanderschaft hier mitten im Wald (unabhängig voneinander) einen Traum gehabt, der ihnen zur wunderbaren Rettung wurde. Aus Dankbarkeit hätten sie den Wald gerodet und eine Kapelle errichtet.

Diese Annahme deckt sich mit der vom Bistum Bamberg verhältnismäßig spät durchgeführten Christianisierung dieses Landstrichs, die man nicht vor dem Beginn des 12. Jahrhunderts ansetzen darf. 1317 taucht erstmals das Adelsgeschlecht der Herren von Hirschberg im Zusammenhang mit dem Rittergut Pilgramsreuth als Reichslehen auf. Weitere Geschlechter, wie die Rabensteiner, die von Kotzau, von Eckersberg, von Birkensee, von Beulwitz und von Reitzenstein, folgten. In einer Fehde, in der 1330 der vogtländische Adel gegen die freie Reichsstadt Eger unterlag, fiel Pilgramsreuth zusammen mit anderen Dörfern einer verheerenden Brandschatzung zum Opfer. Nach einer Urkunde lag es 1390 immer noch ‚‚wüste“. Erst eine Beschreibung von 1502 im „Hofer Landbuch“ nennt mehrere Güter, woraus auf eine wiederaufgebaute Ansiedlung geschlossen werden kann. Unter den nunmehrigen Landesherren, den Markgrafen von Ansbach-Bayreuth, zog die Reformation 1529 ein. Georg der Fromme setzte den ersten lutherischen Prediger Nikolaus Küntzel (Contzel) 1529 ein. Der Dreißigjährige Krieg brachte abermals Schrecken mit Pest, Hungersnot und Tod. Endlich blühte in der Folgezeit neues Leben auf. Es wäre sonst nicht möglich gewesen, an der Wende zum 18. Jahrhundert die Kirche, wie einst immer mit Hilfe der Burggrafen zu Nürnberg, so nunmehr mit Hilfe der Markgrafen mit einer so schönen Einrichtung, wie sie sich uns heute zeigt, neu auszustatten.

Die Rührigkeit der Einwohner und ihre Wesensart — geprägt von der Herbheit der Landschaft, dann aber auch von der Heiterkeit des Gemütes der Einwanderer aus dem nahen Böhmerland – ließen letztlich das Dorf nie untergehen, selbst dann nicht, als 1874 wiederum eine Brandkatastrophe hereinbrach. So ist es geblieben bis auf den heutigen Tag. Auch die Eingemeindung nach Rehau 1978 hat daran nichts geändert.

Baugeschichte der Kirche. In einer nicht bestätigten Beschreibung der Pfarrei Schwarzenbach (an der Saale), zu der das Dorf gehört hat, ist 1308 von einer Kapelle in Pilgramsreuth die Rede. Der ehemalige Bau läßt sich im beiderseitigen Maldekor des Chores erkennen, der in der Höhe bis zu der noch sichtbaren Mauerlatte reicht, auf der einst das Gebälk ruhte. Demnach betrug die Breite 7,20 m (= 24 Fuß), die Länge 14,40 m (= 48 Fuß) und die Höhe 4,80 m (= 16 Fuß). Inwieweit die gemeinsamen Teiler von 3 und 8 dieser Maße sowie die daraus ablesbaren Verhältnisse

Baugeschichte der Kirche

In einer nicht bestätigten Beschreibung der Pfarrei Schwarzenbach (an der Saale), zu der das Dorf gehört hat, ist 1308 von einer Kapelle in Pilgramsreuth die Rede. Der ehemalige Bau läßt sich im beiderseitigen Maldekor des Chores erkennen, der in der Höhe bis zu der noch sichtbaren Mauerlatte reicht, auf der einst das Gebälk ruhte. Demnach betrug die Breite 7,20 m (= 24 Fuß), die Länge 14,40 m (= 48 Fuß) und die Höhe 4,80 m (= 16 Fuß). Inwieweit die gemeinsamen Teiler von 3 und 8 dieser Maße sowie die daraus ablesbaren Verhältnisse von 1:2 und 2:3 nach dem „Goldenen Schnitt“, jener geheimnisvollen Zahlenweisheit der klassischen Baukunst, auf die Beteiligung einer Bauhütte schließen lassen, müßte in einer eigenen Forschung nachgewiesen werden. Die verhältnismäßig große Spannweite dieser ehemaligen Kapelle setzte eine Steildachkonstruktion voraus mit einem Hängewerk für die einst vorhandene Flachdecke. Die Tür zur Sakristei, in spätgotischer Zeit mit einem reich profilierten Kielbogengewände ausgestattet, mag die einstige Pforte gewesen sein. Die Fresken liegen bis zu drei Malschichten übereinander, die frühesten aus der Mitte des 14., die spätesten vom Beginn des 16. Jahrhunderts. Erwähnenswert sind hier an der Nordwand der vom hi. Christophorus unterbrochene Apostelfries, die seltene Darstellung der Legende von der hl. Kümmernis mit dem Geiger von Gmünd, die sich links über dem Tabernakel wiederholt, und dazwischen eine Mondsichelmadonna im Strahlenkranz. An der Südwand erkennt man u.a. die Anbetung der Weisen, die Gestalt der Maria aus einer Verkündigungsszene und das Jüngste Gericht.

Der Bau des jetzigen Chores fällt in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts. Seine Wände wurden auf die Längsmauern der Kapelle aufgesetzt und durch Hinzufügen eines Dreiachtelschlusses im Osten sowie Beseitigen der Westmauer in der Länge um gute 3 m vergrößert. Er erhielt ein in zwei Joche geteiltes Kreuzrippengewölbe, der Ostabschluß eine von fünf Seiten zusammenlaufende Rippenwölbung. Der Bau des Langhauses erfolgte Ende des 15. Jahrhunderts. Das Südportal mit seinem reich profilierten Steingewände trägt die Jahreszahl 1473. Der angeblendete Zusammenschluß des Gemäuers von Turm und Sakristei deutet daraufhin, daß diese vor dem Langhaus zur Errichtung kamen. Eine Inschrift mit Meisterzeichen und Name „Jan Scot“ und die Jahreszahl 1507 bestätigen die Fertigstellung der Kirche. Das überlebensgroße Freskobild des hl. Christophorus an der Nordwand dürfte um 1520 entstanden sein, die Darstellung von Gottvater und Christus ist zeitmäßig schwer einzuordnen.

Längsschiff der Pfarrkirche gegen Süden
Grundriss

In der Barockzeit erhielt der Turm eine mit Schindeln gedeckte Kuppel, in ihrer Gestalt wohl denen von Regnitzlosau, Kirchgattendorf und Selbitz vergleichbar. Nach dem Dorfbrand von 1874 wurde diese durch die heutige Steilpyramide ersetzt und das Kirchendach in etwas flacherer Form erneuert. Eine Untersuchung der InnenmaBe, die hier auf das Langhaus beschränkt bleiben soll, läßt ebenfalls den ‚Goldenen Schnitt‘ erkennen. Die Breite mit 9,90 m (= 30 Fuß) und die Länge mit 13,20 m (= 4O Fuß) entspricht 3:4. Das Verhältnis der Höhe der Widerlager von 6,60 m (= 20 Fuß) zur Scheitelhöhe des Gewölbes mit 9,90 m (= 30 Fuß = Breite des Raumes) beträgt 2:3. Die Tiefe der Gewölbejoche von 4,40 m (= 13,33 Fuß) steht zur Höhe der Widerlager und zur Scheitelhöhe des Gewölbes in den Verhältnissen 1:2:3. Diese Erkenntnisse ließen sich an den Fensterteilungen, den Gewölberadien usw. fortsetzen. Die Vermutung liegt hier nahe, daß tatsächlich eine Dombauhütte, vielleicht die von Prag, an den Bauarbeiten beteiligt war.

Die spätgotische Ausstattung

Die wenigen noch erhaltenen Statuen und Reliefs des ausgehenden 15. Jahrhunderts lassen nur wenig von der einstigen Einrichtung erkennen. Bisher unbekannt geblieben sind auch die Meister und Werkstätten, die hierher nach Pilgramsreuth berufen wurden, um eine für die Schönheit des Bauwerks angemessene Ausstattung zu schaffen. Nur Veit Pankraz, ein „Orgelmacher“, wird genannt, der den Bau einer Orgel mit 8 Manual- und 3 Pedalregistern, „Gehäuße, 5 Felder Pfeiffen, 3 Bälge, Oben drauff das Hochfürstl. Wappen… Umb und Vor 100 fl. und 2 xr. Den 10. Apprill 1588“ quittiert. Ein solches selbständiges Werk rechtfertigt das Vorhandensein einer Empore im Langhaus, vielleicht im Zusammenhang mit einer Herrschaftsempore. Auch die Anordnung der beiden Seitenaltäre in den Eckleibungen am Übergang vom Langhaus zum Chor läßt auf einen mittleren Gestühlsblock schließen. Eine Kanzel ist an der Nordwand zu vermuten. Auch die  Größenverhältnisse des Chorraumes lassen einen mittleren Gestühlsblock vor dem einstigen Hochaltar annehmen. Die in jener Zeit für den gottesdienstlichen Raum noch bedeutsamen Freskomalereien verdeutlichen, daß der Chor kein Wandgestühl besaß.

In der Sakristei aufbewahrte Relieffragmente, von denen die ‚Anbetung der Weisen“ den ganzen Wert gereifter Bildhauerkunst erkennen läßt, gehörten

zweifelsohne zu den Flügeln des linken spätgotischen Seitenaltares; noch bis um das Jahr 1845 hat dieser ganz oder teilweise an dieser Stelle bestanden. Die bedeutendsten erhaltenen Bildwerke aber, die mit Sicherheit einst den Flügelschrein des Hochaltares zierten, befinden sich jetzt in einer Bogennische neben der Kanzel.

 

Relieffragment vom gotischen Altar: "Anbetung der Weisen"; heute in der Sakristei
Gotische Maria mit dem Jesuskind

Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm ist hier in dreiviertel Lebensgröße dargestellt, zu ihrer Linken die hl. Katharina und zur Rechten die hl. Barbara. Anmut und Hoheit sprechen aus den Gestalten, Würde und Liebreiz aus ihren Gesichtern, daß man meinen könnte, der Meister hätte sich eine kleine Dorfschönheit zum Vorbild genommen und ihr das jeweils schönste Festgewand angelegt. Vielleicht wollte er damit das Dorf hereinnehmen in das Gotteshaus. Das dritte erhaltene Kunstwerk ist ein Sandsteinrelief in der Sakristei mitder Verkündigung Mariens. Sicherlich gehörte es zusammen mit einem weiteren Relief von der Geburt Christi einst zur Predella des Hochaltares; der jetzige Altar zeigt an der gleichen Stelle dieselben Szenen. Aus dem Ende des 15. Jahrhunderts stammt auch der aus Granit gehauene Taufstein, der sich ebenfalls in der Sakristei befindet. Andere deuten ihn als Weihwasserbecken. Schließlich sei noch der Farbfenster gedacht, die noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bestanden haben und anstelle der jetzigen Butzenscheibenverglasung das schöne Kircheninnere in ein feierliches Licht tauchten.

Es muß ein stimmungsvoller Raum gewesen sein für diese in vorreformatorischer Zeit beliebte Wallfahrtsstätte, dem ruhespendende Beschaulichkeit und eine in sich gekehrte Abgeschiedenheit innewohnten. Daß disse Wallfahrt zu Ehren Mariens geschah, erklärt sich aus den Motiven aller noch erhaltenen Bildwerke und auch einer Reihe von Freskodarstellungen, die einheitlich Bezug auf die Mutter des Herrn haben. Die Bedeutung dieser Gnadenstätte, die mit Sicherheit in die Zeit des Hochmittelalters zurückreicht, vermag man daran zu ermessen, daß lange nach der Reformation immer noch Wallfahrten zur Gottesmutter stattgefunden haben.

Die Barockausstattung. Langhaus und Chorraum werden heute durch die Emporenund Gestühlseinbauten wesentlich bestimmt. Ihre Häufung, die sich aus demErfordernis ergab, für eine Gemeinde möglichst viele Sitzplätze zu schaffen, stellt eine

Die Barockausstattung

Langhaus und Chorraum werden heute durch die Emporenund Gestühlseinbauten wesentlich bestimmt. Ihre Häufung, die sich aus dem Erfordernis ergab, für eine Gemeinde möglichst viele Sitzplätze zu schaffen, stellt eine wertvolle Bereicherung dar. Das Überschneiden der Südfenster mit den Emporen ergab für das Langhaus einen wesentlichen Lichtentzug zugunsten des Chorraumes, der in seiner strahlenden Helle an Bedeutung dadurch gewinnt.

Durch die Verkürzung der Südempore gegenüber der Nordempore wurde auf die alte Eingangszone mit dem wertvollen Portal von 1473 und die ‚Adelige Empore“ betont Rücksicht genommen. Ihr Platz in der Südostecke war zu jener Zeit sicherlich schon bestimmt. Spätestens 1697 errichtet, trägt sie heute das Wappen derer von Beulwitz (ab 1727). Diese Empore wurde vom Nachfolger für 55 Gulden an die ‚‚sämtliche Gemeinde von Fohrenreuth“ verkauft und ist heute noch Stammplatz dieses Gemeindeteils. Angemerkt sei hier, daß 1806 der Pilgramsreuther Ortsteil aus Prestigegründen mit eigenen Mitteln eine weitere Empore auf den Hochaltar zu anschloß. Diese wurde jedoch 1932 bei einer Kirchenrenovierung als nicht ursprünglich und störend abgebrochen.

Der "Pfarrstuhl" an der Nordwand des Chores, aufgestellt 1692
Der Innenraum mit Blick auf die reich bemalten Emporen und die Orgel

Die Emporen für die Kirchengemeinde, die sich entlang den drei Seiten des Schiffes in zwei Etagen übereinander aufbauen, erinnern zusammen mit dem übrigen Gestühl an höfische Galerieeinbauten. Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch die allseits umlaufenden Männersitze, die im Gegensatz zu den „Weiberstühlen“ um ca. 30 cm angehoben sind. Welchem Meister die Herstellung der Emporen übertragen worden war, läßt sich nicht mehr feststellen. Anlage und Details verraten aber einen tüchtigen Zimmermann aus dem Kreis des örtlichen Handwerks, der Kehlungen und feine Drechselarbeiten gut auszuführen wußte. Im übrigen ist die um knapp einen Meter (= 3 Fuß) vorgekurvte Oberempore als besondere Leistung zu werten. Zeitlich läßt sich der Einbau der Emporen in die Jahre 1687/88 einreihen, da die Anschaffung einer neuen Orgel auf der obersten Mittelempore 1688 nachgewiesen ist. Eine Inschrift mit der Jahreszahl 1691 an der ersten Bank der ‚‚Weiberstühle‘“ verewigt den Namen des rührigen Pfarrers Johann Matthäus Keppel, dessen Epitaph sich im Turmuntergeschoß befindet. Daraus läßt sich folgern, daß die Männersitzreihen 1689/90 zwischen den Emporensäulen eingepaßt worden sind. Die Nahtstellen sind noch genau erkennbar. Anhand urkundlich belegbarer Nacharbeiten kommt für den Bau dieser ‚Männerständ“ „Jobst Bartel, Schreiner allhier‘‘ und für die der „Weiber Kirchstühle“ „Johann Adam Wolfrum, Schreiner und [Säg-] Müller im Eulenhammer“ (kleines Dorf östlich von Pilgramsreuth) in Betracht. Wegen des deutlichen Unterschiedes von Kolorit und Maltypus an Emporen und Gestühl steht fest, daß für die Fassung und die Ausführung der Bilderzyklen ebenfalls zwei Werkstätten beauftragt wurden. Der Bayreuther ‚‚Kunstmaler“ (worunter heute ein Faßmaler zu verstehen ist) Johann Heinrich Schertel besorgte laut Quittung die „Ausstaffierung der unteren Männerstände und die Weiberstühle“. Der zweite in diesem Zusammenhang genannte Meister war der „Kunstmaler“ Heinrich Matthäus Loh aus Hof (Saale), der die Farbgestaltung der Emporen vornahm. Diese Arbeiten waren 1711 beendet.

Die Ausführung der aus hundert Bildern bestehenden zwei Zyklen an Emporen und Gestühl zog sich indessen noch Jahre hin. Erst 1716 stellten Schertel und Lon gleichzeitig ihre ‚‚Quittungen vor gesamte Malerarbeit“ aus. Foligerichtig können die 36 Bilder an den Emporenbrüstungen und die weiteren 12 Bilder an den „Weiberstühlen” H. M. Loh und die 52 Bilder am ‚‚Pfarrstuhl‘‘ und an den „Männerständen“ J. H. Schertel zugesprochen werden. Der erste Zyklus zeigt Szenen aus dem Leben Jesu und beginnt mit der Verkündigung an die Hirten an der Stirnseite der 2. Südempore und endet mit Gethsemane an der Stirnseite der 1. Nordempore. Der zweite Bilderkreis beginnt am ‚‚Pfarrstuhl“ mit der Erschaffung Adams und schließt ab mit dem versuchten Tempelraub durch Heliodorus am rückwärtigen nördlichen Gestühlsblock.

Das letzte Abendsmahl: Schnitzwerk in der Nische des Hochaltars

Der künstlerische Wert der Bilder erhebt indessen keinen Anspruch auf höchste Qualität, vielmehr ist er auf die Gedankenwelt des ländlichen Betrachters abgestimmt. Dennoch sind es gute Arbeiten, mit Geschick in Öl auf Holz flott hingemalt und im Nachhinein in die Füllungsfelder zwischen Rötelränder mit vergoldeten Deckleisten oft nur mit einem Hobelstoß eingesetzt. Von nicht minderem Interesse ist der an der Nordwand des Chores 1692 aufgestellte Pfarrstuhl. Sein Erbauer wird nicht genannt. Die Art des Zierwerks, die jenem der „Weiberstühle“ in verblüffender Weise ähnelt, die Tatsache, daß in jener Zeit des ausgehenden 17. Jahrhunderts immer noch deutliche Anklänge an die Renaissance erkennbar sind, und schließlich auch noch die verhältnismäßig geringe Vergütung von 11 Gulden lassen wiederum J. A. Wolfrum von Eulenhammer als ausführenden Meister vermuten. Dem fast herrschaftlich anmutenden Schrein sind mit großem Geschick Schneckenvoluten aufgesetzt. Auch die Gestaltung der mit Palmetten gezierten Klapptürchen bei den Eingängen sind jenen der „Weiberstühle“ in reicherer Form nachgebildet. Farbgebung und Vergoldung führte J. H. Schertel aus, der für seine Arbeit 31 Gulden erhielt. Die Barockeinrichtung erfährt mit der Kanzel eine wesentliche Steigerung. Bediente sich die Kirchengemeinde bisher des örtlichen Handwerks, so beauftragte sie für die Ausführung dieses ‚‚Predigtstuhles“ den damals in der Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth bedeutenden Hofbildhauer Elias Räntz. Sein ‚‚Contract“ datiert vom 11. Februar 1694. Da die Kanzel noch im gleichen Jahr fertiggestellt war, kann der reiche Figuren- und Ornamentschmuck nicht von Räntz alleine stammen. Lediglich die Gestalt des Moses, der auf einer Schale den Kanzelkorpus trägt, verrät der besonderen Ausdruckskraft und der Sorgfalt wegen eindeutig den Meister selbst. Die Hochrelief

Barockes Taufbecken

Die Hochrelieffiguren an Kanzelbrüstung und Treppenwange hingegen sind eher volkstümlich gehalten. In abwechslungsreichen Stellungsmotiven reihen sie sich in den mit Fruchtgehängen und Engelköpfen gezierten Füllungen beschwingt aneinander. Von links nach rechts erkennt man neben Christus Salvator unter dem Kanzelpult die Apostel Matthäus, Petrus, Andreas und Johannes, und an der Treppenwange Thomas, Judas, Jakobus d. Ä., Bartholomäus, Jakobus d. J., Simon, Philippus und Matthias, alle mit ihren Attributen. Diese auf die Wortverkündigung bezogene Figurensymbolik setzt sich fort in den Gestalten der vier Evangelisten am Schalldeckel. Die Wichtigkeit der Wortverkündigung unterstreicht die Taube als Symbol des Heiligen Geistes innerhalb des Schalldeckels. Den Evangelisten beigegeben sind drei Engel mit dem Wappen von Brandenburg-Bayreuth. Diese Gruppen zieren ein kräftig umlaufendes Kranzgesims. Mit seinen weitgeschwungenen Bügeln verkörpert der Kanzeldeckel eine Krone, die den Erzengel Michael im Kampf mit dem Drachen trägt. Die ungefaßte Kanzel kostete damals 70 Gulden; J. H. Schertel, der die ‚‚Kunstmalerarbeiten“ ausführte, erhielt dagegen 84 Gulden.

Das Herzstück der Kirche ist der Altar. Ebenfalls ein Werk von E. Räntz, in vierjähriger Arbeit geschaffen und 1710 aufgestellt, folgt er dem an Gestühl und Kanzel ver gegenwärtigten Themenkreis der biblischen Heilsgeschichte. Diese wird auch architektonisch großartig mittels des Goldenen Schnittes unterstrichen. Die Bildfolge ist ausschließlich christusbezogen und deshalb evangelisch.

An der Sockelstufe beginnt sie mit Verkündigung und Anbetung der Hirten. Darüber gewinnt es in dem wie in eine Tabernakelnische gesetzten Abendmahl die inhaltliche Mitte, dem sich die großen Gestalten der Apostelfürsten Petrus und Paulus von den Säulenflanken her zuneigen. Höher präsentieren zwei Engel das landesfürstliiche Wappen in der Öffnung des Sprenggiebels, auf dessen Schrägen die Evangelisten Matthäus und Markus gesetzt sind. Dann, weiter aufwärts, wieder zwei große Engel als Rahmenhalter der Kreuzigung, und, noch einmal höher, der in ein Medaillon eingeschlossene Auferstandene, flankiert von den auf den seitlichen Voluten stehenden Evangelisten Lukas und Johannes, endlich, als letzte begipfelnde Höhe, der zum Himmel Aufgefahrene in der Strahlenglorie. Unten aber, zu beiden Seiten der Altarstufen, gelangen dem Meister die Kommunionschranken von spielerischer Leichtigkeit besonders gut.

Aus pausbackigen Gesichtern blicken die bekrönenden Engel dem Besucher mit fröhlichen Augen entgegen. Die abwechslungsreiche Fassung des Altares gleicht einem buntfarbenen Kleid, mit dem es J. H. Schertel wiederum glückte, das kostbare Schnitzwerk in fast bäuerlicher Farbigkeit so ganz der schönen Dorfkirche einzustimmen. Für seine Arbeit erhielt er 178 Gulden und 8 Kreuzer, Räntz 211 Gulden und 28 Kreuzer.

Der ausgewogene Reigen der Barockeinrichtung schließt mit dem Taufbecken ab. Es hat die Form einer Weltkugel, die netzartig von acht Darstellungen aus dem Leben Jesu umspannt wird. Der Taufsteindeckel ist aus einem dichten Besatz von üppigen Wolkenballen zu einer steilen Pyramide gestaltet. Dieses Taufbecken hat der Hofer Bildhauer Christian Kahleis 1721 für 46 Gulden und 16 Kreuzer geschaffen, für die Bemalung und Vergoldung erhielt H. M. Loh 48 Gulden. Erwähnenswert ist auch das Friedhofvortragskreuz am Eingang zur Sakristei. Unbekannt ist der Künstler, die Kraft aber, mit der das Korpus und die reich ornamentierten Kreuzesarme ausgeführt sind, deutet vielleicht auf E. Räntz hin.

Die jetzige Orgel baute der ‚‚Orgelmacher“ Wilhelm Raithel aus Kirchenlamitz, der mit seinem Lehrmeister Heidenreich aus dem Schülerkreis der bedeutenden Orgelbauer Gottfried und Andreas Silbermann kam. 1856 hat er diese hübsche Orgel mit ihren an die Romantik erinnernden Registern gebaut. Heidenreich entwarf ihm dazu das Gehäuse. Beim Dorfbrand von 1874 wurde sie beschädigt und erhielt zunächst einen provisorischen Schrein. Erst bei der Gesamtrenovierung 1973/80 verlieh man ihr wieder ein Aussehen, das dem Kircheninneren entspricht.

 

Blick zum Hochaltar
Würdigung

Heute drängt sich die Frage auf, wie es einem so verhältnismäßig kleinen und in der Geschichte oftmals heimgesuchten Dorf möglich war, eine so mächtige und überaus schöne Kirche zu bauen und einzurichten. Gewiß, vor der Reformation, als Pilgramsreuth noch ein beliebter Wallfahrtsort war, der an der damaligen bedeutenden Wegverbindung zwischen Sachsen und Böhmen lag, flossen sicherlich reiche Gaben. Nach der Reformation aber war die Kirchengemeinde bis auf die Beisteuerungen der Markgrafen von Brandenburg-Bayreuth, bei denen höchstwahrscheinlich Patronatsrecht und damit Baupflicht lagen, weitgehend auf sich angewiesen. Beeindruckt lesen wir in den noch im Pfarrarchiv erhaltenen Spendenlisten, wie sehr sich die Gemeindemitglieder die Liebe zu ihrem Gotteshaus angelegen sein ließen. Auch die große Anzahl der Namen von Spendern, die auf der Innenseite der Kanzeltüre und an der Altarrückwand verzeichnet sind, legen ein Zeugnis davon ab. Dieses aus der Tradition überlieferte Bewußtsein, für den Erhalt der Kirche stets aufgeschlossen zu sein, hat die Kirchengemeinde bis in unsere Zeit herein bewahrt. Sie steht einmütig zusammen, wenn es um die Verschönerung ihres Gotteshauses geht. In Rechtsnachfolge der Markgrafen liegt heute die Baulast beim Freistaat Bayern. Bayern bemühte sich bereits in den dreißiger Jahren mittels des Landbauamtes Hof und des damaligen Pfarrers Ziegler, die Kirche grundlegend zu renovieren, was die Zeitumstände dann verhinderten. 1973 bis 1980 führte das gleiche Landbauamt eine Generalrenovierung durch. Neben den Mitteln des Freistaates gaben hochherzige Zuwendungen die Evang.-Luth. Kirche in Bayern, die Bayernstiftung, die Oberfrankenstiftung, die Bundesregierung aus dem Grenzhilfeprogramm und noch viele kommunale und private Spender.

Karl Höpfner, Reimlinger